Kategorie: Futures Literacy

  • Der Stellar Approach: Wie wir eine Welt jenseits aller Grenzen erschaffen können

    Die Menschheit steht an einem Wendepunkt. Während wir täglich mit scheinbar unlösbaren Krisen konfrontiert sind – Klimawandel, soziale Ungleichheit, Wirtschaftsinstabilität und geopolitische Spannungen – entwickelt sich parallel dazu eine revolutionäre Vision für unsere Zukunft. Diese Vision trägt den Namen „Stellar Approach“ und stammt von den Visionären James Arbib und Tony Seba, die in ihrem bahnbrechenden Werk „Stellar: A World Beyond Limits, and How To Get There“ einen Weg zu einer Welt ohne Mangel aufzeigen.

    Der Stellar Approach ist mehr als nur eine weitere futuristische Theorie. Er basiert auf der empirischen Analyse aktueller Technologietrends und den messbaren Exponentialkurven, die bereits heute unsere Realität prägen. Was diese Herangehensweise so bemerkenswert macht, ist ihre Fähigkeit, scheinbar unzusammenhängende globale Probleme auf eine einzige Grundursache zurückzuführen und gleichzeitig konkrete Lösungswege aufzuzeigen.

    Die Diagnose: Das Ende des Extraktionszeitalters

    Um zu verstehen, wohin der Stellar Approach führt, müssen wir zunächst begreifen, was unsere gegenwärtigen Probleme verursacht. Arbib und Seba identifizieren die Extraktion als die Wurzel aller großen Herausforderungen unserer Zeit. Seit der landwirtschaftlichen Revolution vor 12.000 Jahren hat die Menschheit ein Wirtschaftssystem entwickelt, das auf drei Grundpfeilern ruht: der Extraktion von Ressourcen aus der Erde, der Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft und der Anhäufung von Kapital zur Erlangung von Wettbewerbsvorteilen.

    Diese extraktive Wirtschaftsordnung weist drei charakteristische Merkmale auf, die sie fundamental unhaltbar machen. Erstens erfordert sie kontinuierliches Wachstum – jede Pause in der Expansion führt zu wirtschaftlichem Kollaps. Zweitens schafft sie Winner-take-all-Dynamiken, bei denen Erfolg bedeutet, mehr Ressourcen als die Konkurrenz zu erobern. Drittens behandelt sie sowohl Menschen als auch natürliche Systeme als Inputs, die optimiert werden müssen, anstatt sie als komplexe Systeme zu respektieren, die nachhaltig gepflegt werden sollten.

    Diese Erkenntnisse erklären, warum isolierte Lösungsansätze – sei es Umweltschutz, Armutsbekämpfung oder Friedensstiftung – letztendlich scheitern müssen. Solange das zugrundeliegende extraktive System intakt bleibt, werden neue Probleme entstehen, sobald alte gelöst werden. Der Stellar Approach schlägt daher eine systemische Transformation vor, die an den Wurzeln ansetzt.

    Die technologische Revolution: Sechs konvergierende Kräfte

    Das Herzstück des Stellar Approach liegt in der Erkenntnis, dass wir uns inmitten einer beispiellosen Technologiekonvergenz befinden. Sechs Schlüsseltechnologien entwickeln sich exponentiell und beginnen, auf eine Weise zu interagieren, die völlig neue Produktionssysteme ermöglicht: Solarenergie, Windkraft, Batteriespeicher, Künstliche Intelligenz, Präzisionsfermentation und humanoide Robotik.

    Was diese Technologien so revolutionär macht, ist nicht nur ihre individuelle Leistungsfähigkeit, sondern ihre synergetische Wirkung. Während frühere technologische Revolutionen bestehende Systeme ersetzten, schaffen diese konvergierenden Technologien ein fundamental anderes Produktionsparadigma. Statt der traditionellen „X-Flow“-Wirtschaft, die endlose Ströme von Ressourcen, Arbeit und Kapital benötigt, entsteht ein System, das nur einen „Seed“ aus Materialien braucht, um selbsterhaltend und selbstverbessernd zu werden.

    Die Solarenergie beispielsweise hat bereits heute Kostenparitäten erreicht, die vor wenigen Jahren noch undenkbar schienen. In Kombination mit fortschrittlichen Batteriespeichern ermöglicht sie eine nahezu unbegrenzte, saubere Energieversorgung. Präzisionsfermentation revolutioniert die Nahrungsmittelproduktion, indem sie hochwertige Proteine und andere Nährstoffe ohne die Umweltbelastungen der traditionellen Landwirtschaft produziert. Künstliche Intelligenz und Robotik übernehmen zunehmend komplexe Produktionsaufgaben und schaffen die Grundlage für vollautomatisierte, effiziente Systeme.

    Die Stellar World: Eine Vision der Fülle

    Der Stellar Approach malt das Bild einer „Stellar World“ – einer Welt, in der Knappheit obsolet wird und Überfluss zum Standard. Dies ist keine utopische Fantasie, sondern eine auf messbaren Technologietrends basierende Prognose. In dieser Welt werden die Grenzkosten für Energie, Nahrung und Güterproduktion gegen null tendieren.

    Stellen Sie sich vor: Energie wird so billig und abundant, dass ihre Kosten vernachlässigbar werden. Nahrungsmittel werden durch Präzisionsfermentation mit minimalen Ressourcen und ohne Umweltbelastung produziert. Güter werden durch vollautomatisierte, KI-gesteuerte Systeme hergestellt, die sich selbst verbessern und wartungsarm sind. Menschliche Arbeit konzentriert sich auf Kreativität, Beziehungen und persönliche Entfaltung, anstatt auf das pure Überleben.

    Diese Transformation hat profound soziale Implikationen. Traditionelle Hierarchien, die auf Ressourcenkontrolle basieren, verlieren ihre Grundlage. Wenn Grundbedürfnisse automatisch erfüllt werden, können sich Menschen auf Selbstverwirklichung und gesellschaftlichen Beitrag konzentrieren. Angst, Mangel und Verzweiflung als organisierende Prinzipien der Gesellschaft werden durch Kooperation, Kreativität und menschliches Aufblühen ersetzt.

    Der Weg dorthin: Stellar Nurseries als Experimentierfelder

    Doch wie gelangen wir von unserem heutigen extraktiven System zu dieser Stellar World? Arbib und Seba schlagen die Schaffung von „Stellar Nurseries“ vor – Gemeinschaften und Organisationen, die als Experimentierfelder für neue Wirtschafts- und Gesellschaftsmodelle dienen. Diese Nurseries fungieren als Brücken zwischen der alten und der neuen Welt.

    In diesen Nurseries können post-extraktive Systeme getestet und verfeinert werden. Lokale Gemeinschaften experimentieren mit dezentralen Energiesystemen, Community-owned-Produktionsanlagen und neuen Formen der sozialen Organisation. Sie dienen als Beweis dafür, dass alternative Modelle nicht nur möglich, sondern bereits heute praktikabel sind.

    Besonders wichtig ist dabei die Rolle der lokalen Gemeinschaften. Der Stellar Approach betont, dass Transformation nicht top-down durch Regierungen oder Konzerne verordnet werden kann, sondern bottom-up durch engagierte Menschen entstehen muss, die bereit sind, neue Wege zu beschreiten.

    Soziale Bewegungen als Katalysatoren des Wandels

    Der soziale Wandel hin zur Stellar World wird nicht automatisch durch technologischen Fortschritt ausgelöst. Vielmehr bedarf es aktiver sozialer Bewegungen, die die notwendigen kulturellen und politischen Veränderungen vorantreiben. Diese Bewegungen müssen verschiedene gesellschaftliche Ebenen ansprechen und koordiniert vorgehen.

    Auf der Bewusstseinsebene geht es darum, Menschen für die Möglichkeiten der Stellar World zu sensibilisieren. Viele Menschen sind noch in Denkmustern der Knappheit gefangen und können sich eine Welt des Überflusses kaum vorstellen. Bildungsinitiativen, Medienarbeit und öffentliche Diskurse müssen helfen, diese mentalen Barrieren zu überwinden.

    Politische Bewegungen müssen sich dafür einsetzen, dass regulatorische Rahmenbedingungen geschaffen werden, die den Übergang zur Stellar World unterstützen. Dies bedeutet nicht nur die Förderung neuer Technologien, sondern auch den schrittweisen Abbau von Strukturen, die das extraktive System stützen. Bedingungsloses Grundeinkommen, progressive Besteuerung und neue Eigentumsmodelle sind nur einige der politischen Instrumente, die diskutiert werden müssen.

    Wirtschaftliche Transformation: Von Profit zu Purpose

    Der Übergang zur Stellar World erfordert eine fundamentale Neuausrichtung wirtschaftlicher Ziele. Statt maximaler Profite rückt der gesellschaftliche Nutzen in den Mittelpunkt. Unternehmen müssen lernen, in post-extraktiven Kategorien zu denken und ihre Geschäftsmodelle entsprechend anzupassen.

    Bereits heute entstehen B-Corporations und andere Unternehmensformen, die explizit gesellschaftliche und umweltbezogene Ziele neben finanziellen Erträgen verfolgen. Platform-Kooperativen ermöglichen es Nutzern, gemeinsam digitale Infrastrukturen zu besitzen und zu kontrollieren. Open-Source-Bewegungen demonstrieren, wie kollaborative Entwicklung zu besseren Ergebnissen führen kann als konkurrenzorien­tierte Ansätze.

    Die Circular Economy wird zu einem zentralen Organisationsprinzip. Anstatt Ressourcen zu extrahieren, zu verwenden und wegzuwerfen, entstehen geschlossene Kreisläufe, in denen Abfall zu Input für neue Produktionsprozesse wird. Präzisionsfermentation ist hierfür ein perfektes Beispiel: Mikroorganismen wandeln organische Abfälle in hochwertige Proteine und andere Nährstoffe um.

    Bildung und Kultur: Neue Narrativ schaffen

    Der Stellar Approach erfordert nicht nur technologische und wirtschaftliche Veränderungen, sondern auch einen kulturellen Paradigmenwechsel. Unser aktuelles Bildungssystem bereitet Menschen noch immer auf eine Welt des Mangels und der Konkurrenz vor. In einer Stellar World hingegen werden Kooperation, Kreativität und systemisches Denken zu den entscheidenden Fähigkeiten.

    Neue Bildungsansätze müssen entwickelt werden, die Menschen befähigen, in einer Welt der Fülle zu leben und zu arbeiten. Dies bedeutet nicht nur technische Fähigkeiten, sondern auch emotionale Intelligenz, ethische Urteilsfähigkeit und die Fähigkeit zur Zusammenarbeit mit KI-Systemen.

    Kulturell müssen wir neue Geschichten über das menschliche Potenzial erzählen. Die dominanten Narrative unserer Zeit – vom Menschen als homo oeconomicus bis hin zur „Tragödie der Allmende“ – stammen aus einer Zeit der Knappheit und sind für eine Welt der Fülle nicht mehr angemessen. Kunst, Literatur, Film und andere kulturelle Medien spielen eine entscheidende Rolle dabei, neue Visionen des menschlichen Zusammenlebens zu entwickeln und zu verbreiten.

    Psychologische Aspekte: Von Mangel zu Fülle

    Der Übergang zur Stellar World ist nicht nur eine externe Transformation, sondern erfordert auch tiefgreifende psychologische Veränderungen. Menschen, die in Systemen der Knappheit aufgewachsen sind, entwickeln oft Denkweisen und Verhaltensweisen, die in einer Welt der Fülle dysfunktional werden können.

    Scarcity Mindset – die tief verwurzelte Überzeugung, dass nicht genug für alle da ist – muss durch Abundance Mindset ersetzt werden. Dies ist ein komplexer psychologischer Prozess, der Zeit, Geduld und oft professionelle Unterstützung erfordert. Therapie, Meditation, Gemeinschaftsarbeit und andere Ansätze können dabei helfen, diese mentalen Barrieren zu überwinden.

    Gleichzeitig muss die Gesellschaft neue Definitionen von Erfolg und Bedeutung entwickeln. In einer Welt, in der materielle Grundbedürfnisse automatisch erfüllt werden, werden andere Werte wichtiger: persönliches Wachstum, Beziehungen, kreativer Ausdruck und Beiträge zur Gemeinschaft.

    Technologische Ethik und Governance

    Der Stellar Approach wirft wichtige Fragen zur Governance fortgeschrittener Technologien auf. Wer kontrolliert die KI-Systeme, die die Stellar World ermöglichen? Wie stellen wir sicher, dass die Vorteile der Technologie gerecht verteilt werden? Welche Sicherheitsmechanismen sind notwendig, um Missbrauch zu verhindern?

    Demokratische Teilhabe an technologischen Entscheidungen wird zu einer zentralen Herausforderung. Communities müssen in die Lage versetzt werden, über die Technologien mitzubestimmen, die ihr Leben prägen. Dies erfordert neue Formen der partizipativen Demokratie und der technologischen Aufklärung.

    Open Source-Prinzipien werden wahrscheinlich eine wichtige Rolle spielen. Wenn die grundlegenden Technologien der Stellar World – von KI-Algorithmen bis hin zu Produktionsanlagen – als Gemeingut behandelt werden, verringert sich das Risiko ihrer Monopolisierung durch wenige mächtige Akteure.

    Globale Koordination und Kooperation

    Der Übergang zur Stellar World ist eine globale Herausforderung, die internationale Koordination erfordert. Unterschiedliche Regionen der Welt befinden sich in verschiedenen Entwicklungsstadien und haben unterschiedliche kulturelle und wirtschaftliche Ausgangsbedingungen.

    Entwicklungsländer haben möglicherweise den Vorteil, dass sie weniger in das alte extraktive System investiert sind und daher schneller auf neue Technologien umsteigen können. Leapfrogging-Effekte, wie wir sie bereits bei der Mobiltelefonie gesehen haben, könnten es ermöglichen, dass Regionen mit weniger entwickelter Infrastruktur direkter zur Stellar World übergehen.

    Internationale Organisationen müssen neue Rahmenwerke entwickeln, um die globale Koordination zu erleichtern. Dies könnte neue Formen der globalen Governance erfordern, die flexibler und partizipativer sind als die aktuellen zwischenstaatlichen Systeme.

    Herausforderungen und Risiken

    Der Stellar Approach ist nicht ohne Risiken und Herausforderungen. Technologische Arbeitslosigkeit könnte schneller eintreten als neue Beschäftigungsmöglichkeiten entstehen. Soziale Disruption durch rapide Veränderungen könnte zu Instabilität und Backlash führen. Machtkonzentration bei wenigen Tech-Giganten könnte entstehen, wenn die Transformation nicht sorgfältig gesteuert wird.

    Psychologischer Widerstand gegen Veränderungen ist natürlich und muss ernst genommen werden. Viele Menschen finden Identität und Sinn in ihrer Arbeit, auch wenn diese im extraktiven System gefangen ist. Der Übergang muss so gestaltet werden, dass Menschen neue Quellen von Bedeutung und Gemeinschaft finden können.

    Politischer Widerstand von etablierten Interessengruppen ist zu erwarten. Industrien und Institutionen, die vom aktuellen System profitieren, werden Veränderungen nicht ohne Weiteres akzeptieren. Strategien für friedlichen und demokratischen Wandel müssen entwickelt werden.

    Praktische Schritte für Individuen

    Für Menschen, die von der Vision des Stellar Approach inspiriert sind, stellt sich die Frage: Was kann ich konkret tun? Arbib und Seba betonen, dass Transformation sowohl kollektive als auch individuelle Anstrengungen erfordert.

    Bildung und Bewusstseinsbildung stehen an erster Stelle. Sich über die relevanten Technologien zu informieren, systemisches Denken zu entwickeln und andere über die Möglichkeiten der Stellar World aufzuklären, sind wichtige erste Schritte.

    Experimentieren mit neuen Lebensweisen kann helfen, post-extraktive Prinzipien im eigenen Leben umzusetzen. Dies könnte bedeuten: Teil einer Gemeinschaftsgarten-Initiative zu werden, Sharing-Economy-Modelle zu nutzen, sich für Open-Source-Projekte zu engagieren oder alternative Wirtschaftsformen zu unterstützen.

    Politisches Engagement auf lokaler und nationaler Ebene ist entscheidend. Kandidaten zu unterstützen, die Stellar-kompatible Politiken vertreten, sich in Bürger­initiativen zu engagieren oder sogar selbst politisch aktiv zu werden, kann den notwendigen systemischen Wandel vorantreiben.

    Die Rolle der Wissenschaft und Forschung

    Wissenschaftliche Forschung spielt eine zentrale Rolle bei der Entwicklung und Verbreitung der Technologien, die die Stellar World ermöglichen. Universitäten und Forschungseinrichtungen müssen ihre Prioritäten überdenken und verstärkt auf interdisziplinäre Ansätze setzen.

    Citizen Science und demokratisierte Forschung können helfen, die Entwicklung relevanter Technologien zu beschleunigen. Open-Source-Labore, DIY-Bio-Communities und maker spaces ermöglichen es Menschen außerhalb traditioneller Institutionen, zur technologischen Innovation beizutragen.

    Ethische Forschung ist besonders wichtig. Die Entwicklung von KI-Systemen, Biotechnologie und anderen Schlüsseltechnologien muss von Anfang an ethische Überlegungen integrieren, anstatt sie als nachträglichen Gedanken zu behandeln.

    Zeitliche Dimensionen und Dringlichkeit

    Wann wird die Stellar World Realität? Arbib und Seba betonen, dass spezifische Zeitprognosen schwierig sind, dass aber die Exponentialkurven bereits messbar sind. Wright’s Law und andere Gesetzmäßigkeiten des technologischen Wandels deuten darauf hin, dass die Transformation schneller erfolgen wird, als lineares Denken erwarten würde.

    Die nächsten 10-20 Jahre werden wahrscheinlich entscheidend sein. In diesem Zeitraum werden viele der Schlüsseltechnologien Kostenparität erreichen und Massenmarktadoption ermöglichen. Gleichzeitig werden sich die sozialen und politischen Strukturen anpassen müssen, um mit dem technologischen Wandel Schritt zu halten.

    Dringlichkeit ist angebracht, nicht weil wir die Zukunft vorhersagen können, sondern weil die Vorbereitung auf verschiedene Szenarien Zeit braucht. Je früher wir beginnen, Stellar Nurseries aufzubauen und post-extraktive Systeme zu experimentieren, desto reibungsloser wird der Übergang verlaufen.

    Inspiration und Hoffnung

    Der Stellar Approach bietet etwas, was in unserer Zeit oft fehlt: begründete Hoffnung. Statt in Pessimismus oder naive Utopie zu verfallen, zeigt er einen evidenzbasierten Weg zu einer besseren Zukunft auf. Diese Vision ist weder unvermeidlich noch unmöglich – sie ist eine Möglichkeit, die wir gemeinsam verwirklichen können.

    Die Geschichte der Menschheit ist geprägt von Momenten großer Transformation – der landwirtschaftlichen Revolution, der industriellen Revolution, der digitalen Revolution. Wir stehen möglicherweise vor der größten Transformation in der Geschichte unserer Spezies: dem Übergang von einer Zivilisation der Knappheit zu einer Zivilisation der Fülle.

    Diese Transformation wird nicht automatisch erfolgen. Sie erfordert bewusste Entscheidungen, kollektive Anstrengungen und den Mut, über die Grenzen dessen hinauszudenken, was heute möglich erscheint. Aber die technologischen Grundlagen sind gelegt, die sozialen Bewegungen entstehen, und die Vision nimmt Gestalt an.

    Ein Aufruf zum Handeln

    Der Stellar Approach ist mehr als eine Theorie – er ist ein Aufruf zum Handeln. Arbib und Seba suchen explizit nach „fellow travelers“ – Menschen, die bereit sind, diese Vision zu verwirklichen: Wissenschaftler, Studenten, Unternehmer, Aktivisten und alle anderen, die erkennen, dass wir an einem historischen Wendepunkt stehen.

    Die Stellar World wird nicht von selbst entstehen. Sie erfordert Menschen, die bereit sind, Risiken einzugehen, Experimente zu wagen und neue Wege zu beschreiten. Sie erfordert Gemeinschaften, die zusammenarbeiten, anstatt zu konkurrieren. Sie erfordert politische Systeme, die langfristig denken, anstatt nur auf den nächsten Wahlzyklus zu schauen.

    Aber sie ist möglich. Die Technologien existieren oder entstehen. Die sozialen Bewegungen wachsen. Die Vision wird klarer. Was fehlt, sind Menschen, die bereit sind, sie Wirklichkeit werden zu lassen.

    Der Stellar Approach zeigt uns, dass eine Welt jenseits aller Grenzen nicht nur ein schöner Traum ist, sondern eine erreichbare Realität. Die Frage ist nicht, ob sie kommen wird, sondern wie schnell und wie gerecht der Übergang gestaltet werden kann. Diese Entscheidung liegt bei uns allen.

    In einer Zeit, in der viele Menschen von der Zukunft entmutigt sind, bietet der Stellar Approach eine kraftvolle Alternative: Die Zukunft kann besser sein als die Vergangenheit, aber nur wenn wir aktiv daran arbeiten, sie zu gestalten. Es ist Zeit, diese Arbeit zu beginnen.

  • Die Relevanz von Futures Literacy im Kontext der Klimakrise

    Futures Literacy ist ein Konzept, das Menschen befähigt, die Rolle der Zukunft in ihrem Denken und Handeln besser zu verstehen. Es geht darum, die Zukunft nicht als etwas Unvermeidliches zu betrachten, sondern als etwas, das wir aktiv gestalten können. Die UNESCO, die sich seit 2012 für Futures Literacy einsetzt, beschreibt es als die Kompetenz, die es den Menschen ermöglicht, „besser zu verstehen, welche Rolle die Zukunft in allem einnimmt, was sie sehen und tun“.

    Futures Literacy ist im Kontext der Klimakrise besonders relevant, da sie uns hilft, mit der damit verbundenen Unsicherheit und Komplexität umzugehen. Die Klimakrise ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit und ihre Folgen werden noch in Jahrhunderten spürbar sein. Um diese Herausforderung zu bewältigen, müssen wir in der Lage sein, uns verschiedene Zukünfte vorzustellen, die Folgen unseres Handelns abzuschätzen und neue Wege zu finden, mit den Herausforderungen umzugehen.

    Zentrale Kompetenzen der Futures Literacy

    Futures Literacy umfasst zwei zentrale Kompetenzen:

    • Antizipatorisch-proaktive Kompetenz: Die Fähigkeit, sich auf wahrscheinliche Zukünfte vorzubereiten und auf wünschenswerte Zukünfte hinzuarbeiten. Dies beinhaltet die Gestaltung der Gegenwart, indem wir unsere heutigen Entscheidungen und Handlungen an den zukünftigen Herausforderungen ausrichten.
    • Spontan-reaktive Kompetenz: Die Fähigkeit, auf unvorhergesehene und unerwartete Aspekte von Zukünften zu reagieren und mit den damit verbundenen Unsicherheiten umzugehen. In Bezug auf die Klimakrise bedeutet dies, dass wir in der Lage sein müssen, uns an veränderte Umweltbedingungen anzupassen und innovative Lösungen für neue Probleme zu finden.

    Futures Literacy und die Klimakrise

    Futures Literacy kann uns in vielerlei Hinsicht bei der Bewältigung der Klimakrise unterstützen:

    • Verständnis der Komplexität: Futures Literacy hilft uns, die komplexen Zusammenhänge der Klimakrise besser zu verstehen und die vielfältigen Wechselwirkungen zwischen Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft zu erkennen.
    • Entwicklung von Handlungsoptionen: Indem wir uns verschiedene Zukunftsbilder vorstellen, können wir neue Handlungsoptionen entwickeln und innovative Lösungen für die Herausforderungen der Klimakrise finden.
    • Stärkung der Resilienz: Futures Literacy fördert unsere Fähigkeit, mit Unsicherheiten und Veränderungen umzugehen und uns an neue Gegebenheiten anzupassen. Dies ist im Angesicht der Klimakrise besonders wichtig, da wir mit unvorhersehbaren Ereignissen und langfristigen Veränderungen konfrontiert sind.
    • Motivation zum Handeln: Futures Literacy kann uns helfen, die Dringlichkeit der Klimakrise zu erkennen und uns motivieren, aktiv an der Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft mitzuwirken.

    Förderung der Futures Literacy

    Obwohl Futures Literacy ein vielversprechender Ansatz ist, um die Herausforderungen der Klimakrise anzugehen, ist das Konzept noch relativ jung und es gibt noch keine etablierten Methoden, um diese Kompetenz in der breiten Bevölkerung zu fördern. Die UNESCO hat mit den Futures Literacy Laboratories (FLLs) einen ersten Schritt in diese Richtung getan. In diesen Workshops lernen die Teilnehmenden, die Rolle der Zukunft in ihrem Denken und Handeln zu erkennen und verschiedene Zukunftsbilder zu entwickeln.

    Darum betont WelthandelN.de die Wichtigkeit von weiteren Forschungs- und Bildungsinitiativen, um Futures Literacy als Schlüsselkompetenz für die Zukunft zu etablieren.  Nur so können wir die Herausforderungen der Klimakrise und anderer globaler Probleme erfolgreich bewältigen.

  • D2030 Studie: Neue Horizonte 2045 – Missionen für Deutschland

    So kommt Deutschland aus der Polykrise

    Wie sieht ein klimaneutrales Deutschland aus? Wie eine sozial gerechte Zukunft? Was für ein Land wollen wir 2045 sein? Gemeinsam mit 50 Zukunftsforschenden haben wir die ersten unabhängigen und wünschenswerten Zukunftsbilder für Deutschland entwickelt und daraus Handlungsempfehlungen für die Politik abgeleitet. In unserer Studie „Neue Horizonte 2045 – Missionen für Deutschland“ haben wir sieben Szenarien entwickelt, mit denen wir offene Diskurse in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft anregen und unterstützen.

    Die wichtigsten Erkenntnisse im Überblick:

    • Es gibt nicht nur mehrere Wege in die Zukunft, sondern auch konkurrierende Zielszenarien. Im politischen und gesellschaftlichen Diskurs darf es folglich nicht nur um kurzfristige Maßnahmen gehen. Längerfristige Visionen und Zielbilder müssen wieder mehr Beachtung finden.
    • Die Mehrheit der im Rahmen der Studie befragten Menschen wünscht sich grundlegende Veränderungen, wie sie im Rahmen der sogenannten „Neue Horizonte“-Szenarien beschrieben sind.
    • Sieben Voraussetzungen müssten geschaffen werden, um die am meisten gewünschten „Neue-Horizonte“-Szenarien zu erreichen, darunter eine konsequente Klimapolitik, ein neues Wirtschaftsmodell, veränderte Lebensstile und neue Formen der Beteiligung.
    • Im Rahmen der Studie wurden zwölf weitere Zielkonflikte identifiziert, für die es aus Transformationssicht kein eindeutiges Richtig oder Falsch gibt, beispielsweise der Konflikt zwischen nationaler Souveränität und globaler Offenheit in unseren Wirtschaftsbeziehungen.
    • Transformation wird nur gelingen, wenn wir lernen, für heute unvereinbar scheinende Positionen langfristig tragfähige Lösungen, sogenannte „radikale Kompromisse“ zu entwickeln.

    Seit Mitte der 2010er-Jahre und dem immer offensichtlicheren Klimawandel, spätestens aber seit der Corona-Pandemie und dem Ukraine-Krieg, befinden wir uns in einer Polykrise. Real und gefühlt. Nachdem in den letzten Jahren kurzfristiges Krisenmanagement die politische Agenda bestimmt hat, gewinnen inzwischen Verdrängung und ideologische Grabenkämpfe die Oberhand. Positive Visionen und motivierende Zukunftsbilder sind Mangelware.

    Vor diesem Hintergrund hat der Verein D2030 – Deutschland neu denken – gestützt auf seine erstmals 2018 veröffentlichten Deutschland-Szenarien – erneut einen Open-Foresight-Prozess durchgeführt. Ziel ist es, einen Diskursraum zu eröffnen, um breiter Beteiligung der Gesellschaft, Wege für ein langfristig zukunftsfähiges Deutschland zu finden.

    Entstanden sind sieben Szenarien, die jeweils ein denkbares Zielbild für Deutschland im Jahr 2045 beschreiben. Die verschiedenen Zukunftsentwürfe unterscheiden sich vor allem hinsichtlich ihres Grades an Veränderung und ihrer politischen Steuerung voneinander: Die Szenarien „Sicherheit zuerst“ (#6) und „Alternative Stabilitäten“ (#7) legen den Schwerpunkt auf Bewahrung und Stabilisierung, ohne die drängenden Probleme auszublenden, aber um den Preis eines geringeren Klimaschutzes. Die Szenarien „Grünes Wachstum“ (#1) und „TechnoOptimismus“ (#5) beschreiben Veränderungspfade, die sich weiter im Rahmen des bestehenden Wirtschaftsmodells bewegen. Die Szenarien „Nachhaltiger Systemumstieg“ (#2), „Radikale Kompromisse“ (#3) und „Ökoliberale Transformation“ (#4) werden als „Neue-HorizonteSzenarien“ bezeichnet. Sie beinhalten jeweils ein neues Wohlstands- und Wirtschaftsmodell mit post-industriellen Strukturen und deutlichen Veränderungen in den Lebensstilen.

    Download: https://d2030.de/neue-horizonte-2/

  • What is Futures Literacy and why is it important to consider our futures?

    Watch this Science Animated video to learn about ‘Futures Literacy’

    (tl;dr) Wenn wir aufgefordert werden, über unsere Zukunft nachzudenken, haben wir alle eine etwas andere Vorstellung, als wir uns vorstellen. „Futures Literacy“ hilft uns, über die Zukunft nachzudenken, die wir alle haben möchten, und ermöglicht es uns, diese Zukunft jetzt zu planen, indem wir unser Verhalten und unsere Politik ändern, um eine bessere Zukunft für alle zu schaffen.
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